Planetary Health Diet: Gesunde Ernährung für Mensch und Erde

Klimaschonende Ernährung: Was heißt das?

Der Schutz des Klimas ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Denn die Weltbevölkerung wächst stetig und damit auch unser ökologischer Fußabdruck. Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Menschen, was sie zum Schutz der Erde beitragen können. Eine Antwort liegt in unserer täglichen Ernährung.

Denn: Lebensmittel zu produzieren, kostet Energie, Fläche, Wasser und mehr. Und es setzt Treibhausgase frei. Immer. Ziel ist es, diese Emissionen zu senken, von Feld oder Stall bis auf den Teller. Eine effiziente Kreislaufwirtschaft, kurze Transportwege und nachhaltige Produktionsverfahren tragen dazu bei, Treibhausgase einzusparen. Und auch wir alle können einen Beitrag dazu leisten.

Wer saisonal und regional isst, unterstützt standortangepasste Anbaubedingungen – gut für das Klima. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ansätze für mehr Klima- und Umweltschutz auf dem Teller, von vegetarisch bis mediterran. Da bleibt die Frage: Wie sieht der Speisezettel aus, der Ressourcen spart, das Klima schont, gesund ist – und großartig schmeckt?


Was ist die Planetary Health Diet?

Wie soll sie aussehen, die Ernährung der Zukunft? Eine Antwort lieferte 2019 die EAT-Lancet-Kommission, ein Zusammenschluss von 37 hochkarätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen und 16 Ländern. Die Fachleute entwickelten weltweit gültige Leitlinien für eine Ernährung, die die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützen soll: die „Planetary Health Diet“.

Das globale Konzept zielt darauf ab, 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen – und das nachhaltig. Die Basis für den Speiseplan liefern pflanzliche Erzeugnisse, ergänzt durch tierische Produkte.


Der Speiseplan der Planetary Health Diet: regional und saisonal

Die Empfehlungen der Planetary Health Diet berücksichtigen individuelle Ernährungsstile und -vorlieben, vor allem aber regionale Voraussetzungen der Landwirtschaft. Denn: Bodenbeschaffenheit und Klima unterscheiden sich von Region zu Region. Eine klima- und umweltschonende Ernährung, so die Fachleute, bedeutet immer auch eine standortangepasste Ernährung. Deshalb setzt die Planetary Health Diet auf Lebensmittel, die regional und saisonal verfügbar sind. Das erklärt auch, warum der „Speiseplan der Zukunft“ für viele Lebensmittel, darunter Milchprodukte und Fleisch, umwelt- und gesundheitsverträgliche Spannen angibt, die flexibel und standortangepasst umgesetzt werden sollen.

Wie sieht der „ideale“ Speiseplan laut der Eat Lancet Kommission aus? Das zeigt die Grafik des Ernährungsradars, einem Kooperationsprojekt des Kompetenzzentrums für Ernährung (KErn).


Das besagt die Planetary Health Diet:

  • mindestens 50 Prozent mehr Obst und Gemüse
  • Fisch aus Aquakultur
  • ein Vielfaches mehr an Nüssen und Hülsenfrüchten wie Linsen oder Bohnen
  • etwa 75 Prozent weniger Fleisch
  • 50 Prozent weniger Lebensmittelabfälle

    Quelle: Ernährungsradar 2023

    Ernährungsradar: Der Ernährungsradar prüft Argumente in der Ernährungsdebatte, bereitet den aktuellen Stand des Wissens für Journalisten und Redaktionen auf und bietet Ernährungsinformationen für alle. www.ernaehrungsradar.de


    Passt die Planetary Health Diet zu Deutschland?

    In Fachkreisen wird die Planetary Health Diet heiß diskutiert. Viele Expert:innen kritisieren, dass Selbstversorgungsgrade der Landwirtschaft nicht ausreichend berücksichtigt werden. So produziert die Landwirtschaft aktuell in Deutschland (bzw. in Bayern) nicht genügend Hülsenfrüchte, insbesondere aber nicht ausreichend Nüsse, Gemüse und Obst. Die Selbstversorgungsgrade von Obst liegen bei etwa 20 Prozent, von Gemüse bei 38 Prozent. Und selbst bei Hülsenfrüchten deckt die heimische Erzeugung aktuell nur zwei Drittel (61 Prozent) des Verbrauchs. (Quellen: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft 2023, Statistisches Jahrbuch 2018/19.) Deutschland müsste mehr Nüsse, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst importieren – womit sich ein Teil der Herausforderungen und Probleme in die Lieferländer verschieben würde.

    Auch beim Thema Fleischerzeugung gibt es weltweit große Unterschiede, die nach Ansicht vieler Fachleute in der Debatte um eine klimaschonende Ernährung nicht ausreichend bedacht werden. So verfügt Deutschland über große Grünflächen, auf denen Gras gut gedeiht – teilweise sogar nichts anderes. Allein in Bayern umfasst Grünland ca. ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Im Vergleich zu südlichen Ländern gibt es hier mehr Niederschläge – günstige Voraussetzungen, um Wiederkäuer zu halten. Zudem lassen sich Pflanzenbau, Milch- und Fleischwirtschaft in Kreisläufen miteinander verbinden, die im Zusammenspiel ressourcenschonend und nachhaltig sind.


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    Mehr Informationen

    Christine Röger, Leiterin des Kompetenzzentrums für Ernährung, bezweifelt, dass sich die Planetary Health Diet in Deutschland schnell und einfach umsetzen lässt. Die Expertin stellt auch die empfohlene Menge von Milch- und Milchprodukten in Frage. „Die Mengen sind geringer als die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Angesichts des hohen Bedarfs an Calcium, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, ist dies aus unserer Sicht eher kritisch zu bewerten.“

    Weitere aktuelle Meinungen von Fachleuten zur Planetary Health Diet


    Wie gesund ist die Planetary Health Diet?

    Wer sich gesund ernähren möchte, findet eine Vielzahl von Empfehlungen. Hierzulande folgen viele Fachleute den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Deren Vorgaben unterscheiden sich nicht so sehr von der Planetary Health Diet wie manche vielleicht glauben, meint Christine Röger. „Beide umfassen eine Ernährungsweise, die auf Pflanzen, Vollkornprodukten und Ölen mit ungesättigten Fettsäuren basiert. Sie empfehlen zugleich einen reduzierten Konsum von tierischen und hochverarbeiteten Lebensmitteln, gesättigten Fettsäuren und Zucker“, so die Expertin.

    Die Planetary Health Diet empfiehlt allerdings eine größere Menge an Nüssen und Hülsenfrüchten und weniger Milch und Milchprodukte als die DGE, die insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zu zwei bis drei Portionen Milch- und Milchprodukten pro Tag rät. „Viele Ernährungswissenschaftler in Deutschland sind sich einig, dass eine ausreichende Calcium-Versorgung der Bevölkerung ohne Milchprodukte nur schwer erreicht und umgesetzt werden kann. Das heißt, wir sollten weite Teile der Bevölkerung nicht zu Veganern erziehen. Es ist aber möglich, sich vegetarisch gesund und ausgewogen zu ernähren. Bei Milch und Milchprodukten sieht das etwas anders aus“, erklärt Christine Röger. Auch deshalb folgt das KErn den Empfehlungen der DGE.

    Joghurt, Käse und andere Milchprodukte versorgen uns mit hochwertigem Eiweiß und einer Fülle an essenziellen Nährstoffen wie Kalzium, Jod, Vitamin A und B. Das Besondere an der Milch ist die einzigartige Kombination von über 2.000 verschiedenen Nährstoffen. Diese Kombination kann unser Körper optimal verwerten – besser als Eiweiß aus pflanzlichen Quellen oder Nahrungsergänzungsmitteln. Mehr dazu hier. Ein weiterer Pluspunkt der Milch: Sie enthält essenzielle Eiweißbausteine, die unser Körper nicht selbst herstellen kann – und das in einer besonders gut verdaulichen Form. Diese Tatsache macht Milchprodukte zu einer idealen Ergänzung in einer pflanzenbasierten Ernährung und sorgt für maximale Nährstoffaufnahme. Welche Inhaltsstoffe in welchem Maß in der Milch erhalten sind, steht hier.


    Gesund und klimaschonend leben: Das rät die Expertin!

    Foto: Porträt Christine Röger

    Wie esse ich gut für mich und die Umwelt? Das erklärt Christine Röger. Sie leitet das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn). Das Institut bündelt das Wissen rund um Ernährung in Bayern. Das KErn fördert dabei einen wissensbasierten und interdisziplinären Austausch zwischen Forschung, Ernährungswirtschaft/Produktion und Ernährungsbildung. Gesellschaftlich relevante Themen bereitet das KErn für die jeweilige Zielgruppe auf und entwickelt Maßnahmen und Informationsmaterialien, um das Ernährungswissen zu vermitteln.

    Die Planetary Health Diet hat die Bedeutung einer klimaschonenden Ernährung ins Bewusstsein gerückt. Wie muss es jetzt weitergehen?

    Christine Röger: Wir brauchen eine offene Debattenkultur, wenn es darum geht, eine Ernährungswende zu erzielen und das Lebensmittelsystem zu transformieren. Dazu gehört nicht allein der Ruf nach einer „pflanzenbasierten“ Ernährung oder „weniger Fleisch“. Hier geht es auch um nachhaltige Strukturen und Resilienz in der Landwirtschaft, um regionale Lebensmittelversorgung sowie der Wertschöpfung von Betrieben, die unser Ernährungssystem am Laufen halten.

    Diese Ernährungswende braucht Zeit. Wie können wir und unsere Kinder Teil davon werden?

    Christine Röger: Am KErn ist es uns wichtig, Lebensmittel wertzuschätzen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, sich stets um einen gesünderen und nachhaltigen Lebensstil zu bemühen und regional sowie saisonal einzukaufen – das sollte ein Bildungsziel für unsere Kinder sein. Wissen, wo’s herkommt, und auch die landwirtschaftliche Produktion vor Ort schätzen, von Kindesbeinen an, spielerisch und nicht dogmatisch. Das versuchen wir tagtäglich mit unseren Materialien, Programmen und Angeboten weiterzugeben.

    Wie ernähren wir uns gesund, klima- und umweltschonend?

    Christine Röger: Die Empfehlungen zur Planetary Health Diet sind aus meiner Sicht als grobe Richtschnur zu sehen, um sich gesünder und umweltschonender zu ernähren. Das Wichtigste ist ein ausgewogener Speiseplan mit genügend Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen. Bei Fleisch und Wurst gilt: lieber weniger, aber dafür qualitativ hochwertig. Auch Bewegung zählt dazu; in Kombination mit ausreichend Wasser. Unbestritten bleibt, dass wir ein dickes Problem mit Übergewicht haben und da ist nun mal die Ernährung der wichtigste Hebel, um sich selbst und den Planeten gesund zu erhalten.

    Übergewicht – bekommen wir das Problem mit Diäten in den Griff?

    Christine Röger: Hier müssen wir präventiv dagegenhalten, nach dem Motto: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Eine gesundheitsförderliche Ernährung ist vor allem eine Bildungsfrage von klein auf, wie wir wissen.

    Wenn wir uns von frischen und natürlichen Lebensmitteln ernähren, uns genügend bewegen und vor allem niemals übergewichtig werden, dann hätten wir schon mal sehr viel erreicht. Das sind die wesentlichen Elemente eines gesunden Lebensstils. Dazu braucht es meiner Ansicht nach keinen dogmatischen Speisezettel oder Substitutions-Produkte. Allerdings sollten wir auch offen für Neues und technologische Innovationen sein. „Leben und leben lassen“ lautet die Devise.

    Wie sehen Sie die Zukunft der Ernährung in Bayern?

    Christine Röger: Ich würde mir wünschen, dass wir zum einen unsere Traditionen bewahren, landwirtschaftliche Strukturen erhalten und gleichzeitig in die Zukunft investieren. Dazu gehören auch pflanzenbasierte Produkte, technologische Innovationen und neue Gerichte – aber bitte ohne Geschmacksverstärker, möglichst frisch, natürlich und nicht hochverarbeitet.

    Zudem sollten wir Familien und Kinder gerade beim Essen vielfältig unterstützen. Ernährungsarmut darf es in einem reichen Land wie diesem nicht geben. Dafür müssen wir insbesondere die Kita- und Schulverpflegung weiter voranbringen, was die Qualität der Speisen und auch angenehme Ernährungsumgebungen anbelangt, und dies mit Ernährungsbildung – über alle Institutionen hinweg – würzen.

    Daher sieht die Zukunft regional aus – aber in Verbindung mit einer globalen Perspektive. Weltweit wird gerade stark an den Agro-Biotech-Märkten investiert. Neue Technologien können auch dazu dienen, den Flächenverbrauch zu schmälern, schmackhafte, gesunde und damit erfolgreiche Produkte zu entwickeln und mehr hochwertige Lebensmittel für den Teller und weniger für den Trog zu produzieren. In Bayern hätten wir alles, was es dazu braucht: Laptop, Lederhose und – immer mit dabei – ein gesunder und nachhaltiger Lebensstil.

    Mehr über das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn)


    Rezepte, die gesund und gut für das Klima sind

    Aus gesundheitlicher Sicht ist es sinnvoll, eine vorwiegend pflanzenbasierte Ernährung mit tierischen Produkten zu ergänzen. Denn: Milch und Milchprodukte liefern essentielle Wirkstoffe. Und die braucht der menschliche Körper, um langfristig gesund und fit zu bleiben.

    Es muss nicht immer das klassische „Fitnessgericht“ a la Ofenkartoffel mit Quark sein. Mit unseren Rezeptideen könnt ihr pflanzliches Eiweiß aus Getreide, Kichererbsen und Nüssen geschickt mit Milchprodukten und saisonalem Gemüse kombinieren. Voller Geschmack und optimale Nährwerte garantiert!



    Tipps, wie wir die Umwelt in der Küche schützen

      • Saisonal und regional einkaufen
        Mehr Umwelt- und Klimaschutz beginnt beim Einkauf. Saisonale und regionale Lebensmittel sparen lange Lieferwege und damit CO2-Ausstoß. Wer regional kauft, trägt auch dazu bei, die vielen kleinbäuerlichen Familienbetriebe in Bayern zu erhalten. Tipps und Tricks zum Thema Regional Einkaufen gibt`s hier.

      • Lebensmittelverschwendung vermeiden
        Einkaufen mit Einkaufszettel und gute Planung helfen, Lebensmittelverschwendung deutlich zu reduzieren. Und wenn doch mal etwas übrigbleibt: Mit etwas Kreativität lassen sich aus Resten wunderbar neue Kreationen schaffen. Ein gutes Beispiel dafür sind Brotreste. Hier unsere Tipps, wie sich altes Brot und Gebäck am besten verwerten lassen.

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          Wer Küchenabfälle richtig trennt, hilft der Umwelt. Wer unsicher ist, was in welche Tonne gehört: Hier die Infos.

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