Mutterkuhhaltung in Bayern
Unter Mutterkuhhaltung versteht man die Rinderhaltungsform, bei der das Kalb je nach Betrieb sechs bis elf Monate bei seiner Mutter bleibt. Die Kühe werden dabei nicht zur Milchproduktion gehalten, sondern um ihre Kälber zur Fleischproduktion aufzuziehen. In Bayern gilt die Mutterkuhhaltung zwar noch als Sonderform der Rinderhaltung. Mit derzeit 16,5 Prozent wird sie aber immer beliebter: Aktuell gibt es rund 67.000 Mutterkühe in über 7.400 Betrieben.
Im Unterschied zur Mutterkuhhaltung werden die Kälber in Milchviehbetrieben schon kurz nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt. Hier gilt: Je früher die Trennung erfolgt, umso schmerzfreier ist sie für Kuh und Kalb.
Bei der Mutterkuhhaltung wird das Kalb, sobald es nicht mehr auf die Milch der Kuh angewiesen ist, entweder zur Weitermast behalten oder direkt zum Schlachter gebracht. Die verbleibenden Kälber verbringen noch einige Zeit in der Herde und werden erst später nach 1,5 bis rund zwei Jahren zum Schlachten oder für die Weiterzucht angeboten.
Und was passiert mit den Mutterkühen im hohen Alter? Ihr Fleisch wird mittlerweile als Delikatesse angesehen und besticht durch eine zarte Marmorierung und einen aromatischen Geschmack.
Ganz natürlich
Auf Mutterkuhhaltung setzt auch Direktvermarkter Michael Reck bei der Haltung seiner Rinder. Diese zählen zu einer fast in Vergessenheit geratenen, alten Rasse: dem fränkischen Gelbvieh. „Durch die natürliche Haltung können wir unseren Kunden hervorragendes Rindfleisch anbieten“, erklärt der Franke. Von der artgerechten Rinderhaltung auf seinem Hof dürfen sich die Besucher des Hofladens auch gerne persönlich überzeugen – Fragen beantwortet der Landwirt gerne.
„Wir haben einen Zuchtbullen in der Herde. Von ihm bekommen unsere Kühe jedes Jahr etwa ein Kalb – wie in der freien Natur. Der Bulle beglückt die Kühe, wann sie wollen. Ein Kalb pro Jahr ist der normale Rhythmus“, so der Bauer.
Auf dem Hof der Recks bleiben die Kälbchen etwa sechs bis sieben Monate bei ihren Müttern. Anschließend kommen sie gemeinsam mit den anderen Jungtieren auf eine andere Weide bzw. in einen anderen Stall. Nach rund zwei Jahren werden erreichen sie die Schlachtreife.
Auf diese Weise bleibt der Bestand des Direktvermarkters konstant bei 25 Tieren – bestehend aus acht Kühen, 16 Kälber und ein Bulle.
Weidehaltung mit Schutzeinrichtung
Die meiste Zeit des Jahres – manchmal auch das ganze Jahr – verbringen Rinder in Mutterkuhhaltung auf der Weide. Der große Auslauf birgt aber gerade im Herbst und Winter Gefahren für das Kalb, denn es hat keine hohe Kältetoleranz. Schnee, Niederschläge und stürmisches Wetter können nicht nur für den Nachwuchs, sondern für die ganze Herde ein Krankheitsrisiko bedeuten.
Deshalb ist es besonders in der kalten Jahreszeit wichtig, dass der Bauer den Tieren eine trockene und windgeschützte Liegefläche oder im besten Fall einen Laufstall zur Verfügung stellt. Jeder Landwirt hat ein existenzielles Interesse am Wohl und der Gesundheit aller seiner Tiere, so sieht es auch das Tierschutzgesetz vor.
Angus, Charolais oder Blonde d‘Aquitaine?
Hinter diesen Namen verbergen sich Rassen, die ausgezeichnet für die Mutterkuhhaltung geeignet sind. Denn dafür kommen nur Fleischrassen in Frage, die einerseits ausgesprochen langlebig und widerstandsfähig gegenüber Witterungseinflüssen sind und sich andererseits durch einen guten Fleischansatz auszeichnen. Dazu zählen laut Fleischrinderverband Bayern e.V. mittlerweile 29 Rassen. Direktvermarkter Michael Reck hat sich für das Fränkische Gelbvieh entschieden: „Diese alte fränkische Rasse gehört einfach in diese Gegend – wir wollten bis ins letzte Detail regional bleiben.“ Man habe auch über Angus, Blonde d‘Aquitaine und andere Rassen nachgedacht, so der Bauer, doch das Fränkische Gelbvieh steht mittlerweile auf der Roten Liste – ein weiterer Grund, diese Rasse zu fördern. Viele Bauern lassen ihre Mutterkuhhaltung zertifizieren, um die Qualität des Fleisches besonders zu unterstreichen. Dafür müssen strenge Richtlinien eingehalten werden, die vor allem Futter und Haltung betreffen.
Quellen:
www.statistik.bayern.de/presse/mitteilungen/2021/pm368/index.html
www.naturland.de/de/erzeuger/betriebszweige/rinderhaltung/mutterkuhhaltung.html
www.praxis-agrar.de/tier/rinder/tierwohl-mutterkuehe/
www.asr-rind.de/rinderrassen/rinderrassen.html
www.agrarbericht-2018.bayern.de/landwirtschaft-laendliche-entwicklung/rinder.html
www.oekolandbau.de/erzeuger/umstellung/umstellung-in-der-praxis/oeko-was-ist-anders/rinderhaltung/
www.aachener-nachrichten.de/lokales/juelich/mutterkuhhaltung-nur-wenige-betriebe-pflegen-familienidyll_aid-26025999
www.derstandard.at/2000058512814/Je-aelter-die-Kuh-desto-besser-das-Fleisch