Artenvielfalt vielfältig schützen
Landwirte sehen sich oft dem Vorwurf ausgesetzt, durch Monokulturen, Überdüngung oder Pflanzenschutz zum Artensterben beizutragen. Doch so einfach ist es nicht. Zwar müssen Landwirte wirtschaftlich arbeiten und ihre Ernte vor Schädlingen oder Krankheiten bewahren. Doch nutzen viele Bauern bereits jetzt eine Reihe von Möglichkeiten, um Wirtschaftlichkeit und Naturschutz miteinander zu verbinden. Hier kommt es immer auch auf den einzelnen Landwirt, sein Erzeugnis, sein Land und seine Möglichkeiten an. Vieles ist noch am Anfang, doch erste Schritte sind gemacht.
Blühflächen helfen!
Viele Landwirte in Bayern haben entlang ihrer Äcker Blühstreifen angelegt. Dort wachsen Gräser und Wildblumen und bieten Bienen und anderen Insekten wertvolle Futterstellen. Andere Bauern stellen ganze Felder zur Verfügung und bieten sogenannte Blüh-Patenschaften an. Mitte des Jahres 2018 wurde die Aktion „Bayern blüht auf“ gestartet. Auf einer interaktiven Karte wurden bereits mehr als 1.000 Blühstreifen, Blühflächen sowie bienen- und insektenfreundliche Gärten eingetragen. Außerdem wurden 500 engagierte Bauern, die sich als „Blüh-Botschafter“ beworben haben, mit einem Blüh-Paket und kostenlosem Saatgut ausgestattet. Gegen einen bestimmten Betrag pro Hektar verpflichtet sich der Landwirt, auf der vereinbarten Fläche eine Blühmischung auszubringen und diese Fläche für zwei Jahre nicht anderweitig zu nutzen. Wer sich für eine Blüh-Patenschaft interessiert, findet hier alle wichtigen Informationen.
Nutzpflanzen, Bienenweiden und Symbiosen
Eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen nützt auch den Insekten. Dazu gehören zum Beispiel Obstbäume, Rapsfelder, Sonnenblumen oder manche Energiepflanzen. Auch Zwischenfrüchte, die zur Bodenpflege nach der Hauptfrucht angebaut werden, bieten Insekten noch spät im Jahr Futter und dienen obendrein kleinen Wildtieren als Unterschlupf. Immer mehr Landwirte denken zudem über Konzepte nach, bei denen Pflanzenarten sich gegenseitig nützen oder bei denen Tier- und Pflanzenarten eine Symbiose miteinander eingehen. Haselnussbauer Martin Stiegler aus dem fränkischen Cadolzburg zum Beispiel setzt auf seinem Betrieb 1.600 Hühner gegen Schädlinge ein. Das Federvieh hilft, die Population des gefährlichen Haselnuss-Bohrers gering zu halten, indem es die Larven der Käfer einfach wegpickt. So können die Stieglers auf chemischen Pflanzenschutz und Insektizide verzichten und gewinnen zugleich von den freilaufenden Hühnern wertvolle Bio-Eier für die Herstellung feiner Haselnussprodukte.
Moderne Technik macht den Unterschied
In der Landwirtschaft werden technische Innovationen immer öfter auch daran gemessen, welchen Beitrag sie zum Tier- und Pflanzenschutz bzw. zum Klimaschutz leisten. So kann bei modernen Ackerbaumaschinen der Reifendruck einfach reduziert werden, sodass eine allzu starke Bodenverdichtung verhindert wird. So bleibt die Krume „lebendig“ und unzählige Klein- und Kleinstlebewesen behalten ihren Lebensraum. Hier geht es zu unserem Erklärvideo zum Thema Bodendruck. Beim Düngen verhindern Laboruntersuchungen und eine Hightech-Ausbringtechnik inklusive GPS-System eine Überdüngung des Bodens und die Auswaschung von Stickstoff ins Grundwasser. Auch großzügige Gewässerrandstreifen verhindern, dass Gewässer in der Nähe bewirtschafteter Flächen mit Nährstoffen angereichert werden, die das empfindliche Ökosystem zerstören und die Artenvielfalt beeinträchtigen würden.
Wir alle sind gefordert
Wenn es um den Artenschutz geht, kann auch jeder Einzelne einen Beitrag leisten: Das Spektrum reicht vom möglichst häufigen Stehenlassen des Autos und Umsteigen aufs Fahrrad bis hin zu naturnahen Balkonen und Gärten mit Unterschlupfmöglichkeiten (z.B. Blätterhaufen) für Vögel, Insekten und andere Lebewesen. Heimische Bäume, eine Vielfalt an Blühpflanzen und Sträuchern, die Futter für Insekten und Vögel liefern (Bienenweiden!), ein Verzicht auf Thujenhecken und Buchsbäume und den perfekten englischen, robotergestutzten Rasen sowie ein entspannter Umgang mit „Unkräutern“ gehören ebenso dazu. Praktische Tipps für insektenfreundliches Gärtnern hält unsere Landfrau und Gartenexpertin Christine bereit.