Haltungsformen für Milchkühe in Bayern
Traditionell: die Anbindehaltung
In Süddeutschland ist die Milchwirtschaft historisch gewachsen und im gesamten Alpenraum überwiegend kleinteilig strukturiert. Vor diesem Hintergrund ist die traditionelle Anbindehaltung noch in vielen bayerischen Familienbetrieben zu finden.
So stehen in Bayern noch 30 Prozent der Kühe in Anbindehaltungsbetrieben, dies entspricht rund 25 Prozent der bayernweit erzeugten Milchmenge. Die Kühe sind hier zumindest während der Stallhaltungsperiode, d.h. im Winter, fest an einem eigenen Standplatz, wo sie auch gefüttert und gemolken werden. Oft betreuen gerade Landwirte mit Anbindehaltung ihre Kühe sehr individuell. Dennoch geht die Anbindehaltung seit Jahren stetig zurück. Auch ist die gesellschaftliche Bedeutung der kleinen Milchviehbetriebe mit Anbindehaltung sowohl für die Landschaftspflege als auch für die Bewirtschaftung von Grünland groß.
Denn es sind auch diese Betriebe, die kleinteilige Grünlandflächen, Hanglagen und andere ökologisch wertvolle Grenzstandorte pflegen und erhalten. Zudem leisten die Familien, die kleine Anbindebetriebe bewirtschaften, einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der sozialen Strukturen vor Ort. Dies reicht vom Engagement in den örtlichen Vereinen bis zum ländlichen Straßen- und Wegebau. Viele der auch für die Naherholung gern genutzten Feld- und Waldwege sind so entstanden und werden in Stand gehalten.
Laufställe bieten Kuhkomfort
Laufställe entsprechen sowohl im Hinblick auf die Tiergesundheit, als auch im Hinblick auf die ökonomischen Anforderungen der Betriebe dem „State of the Art“.
Die Rinder können sich hier, ihrem natürlichen Herdenverhalten entsprechend, frei bewegen. Jedem Tier steht eine weiche Liegefläche zur Verfügung. Spezielle Komfortmatten schützen die Gelenke. Unabhängig vom Liegeplatz haben die Kühe jederzeit freien Zugang zum Futter. Um Verletzungen zu vermeiden, sind alle Laufwege und Standflächen rutschsicher gestaltet.
Komfort, Entspannung und Wohlbefinden ermöglicht darüber hinaus die „Kuhbürste“: Die Kühe nutzen diese Möglichkeit zur Massage und Fellreinigung regelmäßig. Von dem gesteigerten Wohlbefinden seiner Tiere profitiert auch der Landwirt: Es hat sich gezeigt, dass Tiere, die sich in ihrer Stallumgebung wohlfühlen, mehr Milch geben als andere.
Strukturwandel statt Strukturbruch
Landwirte und Molkereien arbeiten daran, insbesondere die Betriebe mit Anbindehaltung weiterzuentwickeln, nicht zuletzt auch aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit.
Dabei sind nach gemeinsamer Auffassung auch Zwischenschritte möglich, wie z.B. Weidehaltung, Laufhöfe, Lösungen für trockenstehende Kühe oder sonstige das Tierwohl verbessernde Maßnahmen. Um Strukturbrüche zu vermeiden ist es aber notwendig, den Betrieben Zeit für Anpassungen und Reaktionsmöglichkeiten zu geben.
Zahlen belegen, dass der Strukturwandel in der Milchviehhaltung eindrucksvoll voranschreitet: So ist jeder neu gebaute Stall ein Laufstall, der neben dem Tierwohl weitere Vorteile z.B. für die Arbeitswirtschaft bietet.
Wie erleben die Tiere den Winter?
Das haben wir Bio-Milchbauer Franz Kinker aus Rosshaupten gefragt. Seine Kühe sind sogar im Schnee auf der Weide. Ein schöner Anblick – aber ist den Tieren nicht kalt?
„Die meisten Kühe gehen zur Abwechslung liebend gerne raus in den Schnee. Sie mögen die Sonne, den Wind und Freiheit auf der Winterweide. Sie genießen es, sich mit ihren Kolleginnen zu balgen und die sozialen Kontakte auszuüben.
Je nach Außentemperatur und Windverhältnissen bleiben meine Kühe etwa eine Stunde am Tag draußen. Allerdings muss das Wetter schon einigermaßen freundlich sein – sonst zieht es auch Milchkühe nicht nach draußen.“
Kühe haben eine „Wohlfühltemperatur“ von ca. minus 5 Grad Celsius bis ca. 20 Grad Celsius. In diesem Temperaturbereich fühlen sie sich am wohlsten. Im Herbst wächst den Tieren zudem ein dichtes Winterfell, das vor Kälte und Nässe schützt. Bei Jungrindern, die den ganzen Sommer auf der Weide sind, ist das besonders ausgeprägt. Bei Milchkühen ist das Winterfell nicht so extrem.
Besondere Maßnahmen? Nicht nötig, denn: „Das wachsame Auge des Bauern merkt, wann die Kühe genug haben von der ‚Winterwellness‘“, schmunzelt der Landwirt. Bei den Kälbern in der Außenhaltung ist das anders: „Hier geben wir den Kleinen eine Kälberjacke an. Diese wärmt den Körper und schützt sie vor Auskühlung.“
Wie alt werden Milchkühe?
Kühe werden im Schnitt 6 bis 7 Jahre alt, in vielen Fällen aber auch älter, oft deutlich über zehn Jahre. Mit rund zweieinhalb Jahren bekommt eine Kuh ihr erstes Kalb. Erst mit dessen Geburt wird sie zur Milchkuh, denn erst jetzt gibt sie überhaupt Milch. Kühe bringen jedes Jahr ein Kalb zur Welt und werden vor der Geburt nicht gemolken. Eine Kuh bleibt solange in der Herde, wie sie gesundheitlich in der Lage ist, ein Kalb zu bekommen. Danach wird sie geschlachtet. In Bayern überwiegen nachhaltige Doppelnutzungsrassen wie das (Simmentaler) Fleckvieh, das gleichermaßen hochwertige Milch wie wertvolles Fleisch liefert.
Quellen:
StMEF: www.stmelf.bayern.de/landwirtschaft/tier/000776/index.php
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: www.bmel.de/DE/Tier/Nutztierhaltung/Rinder/rinder_node.html