Imkerin Maria: Mit der Honigbiene auf Du und Du
Man hört sie lange, bevor man sie sieht: Die Bienenvölker von Imkerin Maria Lohmeier. Das sprichwörtliche emsige Gesumme zeigt, wie aktiv die Stock-Bewohner sind. Da wird von fleißigen Arbeiterinnen Nektar gesammelt, zu Honig verarbeitet und eingelagert. Da wird die Königin gepäppelt, damit sie sich ganz auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren kann: die Produktion von Eiern, sprich Nachwuchs. Auch die männlichen Tiere, die Drohnen, müssen bis zu ihrem Einsatz als Befruchter der Königin gut genährt werden. Der ganze Staat ist bestens organisiert – von der Aufzucht der Jungbienen bis zum Putzen und Aufräumen. Maria Lohmeier hat sich genau davon faszinieren lassen.
Herrin über 30 Bienenvölker
Hauptberuflich arbeitet die 36-jährige Jägerin und Imkerin an der Landesjagdschule des Bayerischen Jagdverbandes und ist dort für Fortbildungen und die Jägerprüfung zuständig. Doch schon vor zwölf Jahren legte sich die gelernte Hotelfachfrau ihre ersten Bienenstöcke zu. Heute besitzt sie nicht nur 25 Bienenvölker, sondern ist auch Bienensachverständige und Ausbilderin für Jungimker. Ihre Völker verteilen sich auf vier verschiedene Standorte rund um Dorfen. Weil der Radius, in dem die Bienen Futter suchen, rund drei Kilometer beträgt, ist es notwendig, die Standorte ausreichend weit voneinander entfernt aufzustellen. Abgesehen davon spielt das Futterangebot in der Umgebung eine entscheidende Rolle. „Wichtig sind natürlich Blühpflanzen mit reichlich Nektar und Pollen“, erklärt die Bienenfachfrau. „Das können blühende Bäume, Büsche und Sträucher ebenso wie Kräuter, Blumen und Stauden sein.“
Das Futter macht den Honig
Welche Blühpflanzen die Futtergrundlage für einen Honig gewesen sind, lässt sich später unter dem Mikroskop erkennen. So kann man nicht nur die Pflanzen, sondern sogar die geografische Herkunft eines Honigs bzw. seiner Bestandteile nachweisen. Maria Lohmeier jedenfalls weiß, was in ihrem Honig steckt, sie hat die jeweiligen Speisezettel durch ihre Standortwahl ja mitbestimmt. Wieviel Nahrung ihre Bienen in einem Jahr finden, kann allerdings auch sie nicht voraussehen. Hier spielen Wetter und Klima eine entscheidende Rolle. Von beidem hängt auch die Qualität des Endproduktes ab. So darf zum Beispiel der Wassergehalt im Honig nicht über 18 Prozent liegen. Ein zu hoher Wassergehalt beeinflusst unter anderem die Haltbarkeit ungünstig. „Ein guter ‚trockener‘ Honig hält dagegen jahrelang“, so die Imkerin.
Unermüdliche Bestäuber
An einem der vier Standorte finden Marias Bienen ein für Bayern eher ungewöhnliches Nahrungsangebot vor: In der Nähe hat ein Bio-Bauer im Jahr zuvor erstmals ein Lavendelfeld angelegt. Nicht so spektakulär wie in der Provence – aber doch zur Blütezeit im Juli ein blaues, nein: lavendelfarbenes Meer mit unwiderstehlichem Duft. Den finden auch Marias Völker höchst anziehend. Bienen sind grundsätzlich flexibel, was ihre Futterauswahl angeht. Haben sie sich allerdings einmal entschieden, bleiben sie ihrer Blühpflanze treu. Ein Beispiel: Bienen, die in der Nähe von Apfelbäumen stehen, fliegen diese zur Futtersuche immer wieder an und gehen nicht etwa „fremd“. Im Fachjargon heißt das: Sie sind blütenstet. „Diese Eigenschaft macht sie als Bestäuber so wertvoll“, bestätigt Maria Lohmeier. Und davon profitieren alle: Hobbygärtner, die Natur insgesamt – und natürlich auch die Landwirtschaft, insbesondere der professionelle Obstanbau.
Imkern liegt im Trend
Maria Lohmeier ist eine von rund 32.300 Imkerinnen und Imkern in Bayern, die zusammen über rund 200.000 Bienenvölker herrschen. Seit 2008 liegt das Hobby-Imkern im Trend, hauptberufliche Imker dagegen gibt es eher selten. Dabei ist Imkern kein Kinderspiel: Unter anderem haben die Bienen-Halter eine Fürsorgepflicht – schließlich handelt es sich um eine Form der Nutztierhaltung. Die Hauptarbeit, abgesehen von der Honigernte, liegt für Maria Lohmeier in regelmäßigen, mindestens wöchentlichen Kontrollen aller Völker. Gesunde Bienen erkennt die Imkerin nicht nur an ihrem Arbeits-, sondern auch an ihrem Putzeifer. Putzen die Tiere sich gegenseitig und den gesamten Stock, ist das immer ein gutes Zeichen. Die größte Bedrohung für Honigbienen stellt ein Parasit dar: die Varroa-Milbe. Neben der Züchtung von resistenten Arten hilft dagegen nur eine äußerst genaue Kontrolle und – falls nötig – sofortige Behandlung der Bienenvölker.
Erntezeit im Bienenstaat
Rund eine Million Bienen leben insgesamt in Marias 25 Völkern: Ein Volk besteht überwiegend aus Arbeiterinnen, hinzu kommen die männlichen Drohnen und eine Königin. Die Drohnen haben nur eine Aufgabe: die Königin in einem so genannten Hochzeitsflug mitten in der Luft zu befruchten. Danach sterben sie. Die Königin kann dagegen bis zu sechs Jahre alt werden und legt bis zu 2.000 Eier am Tag. Versorgt wird sie und ihre Brut von den Arbeiterinnen: den Honigproduzentinnen. Die Arbeiterinnen lagern Honig als Futtervorrat in den Waben ein. Zwischen zwei und vier Mal jährlich entnimmt der Imker die Waben samt Honig. Ende Juli wird zum letzten Mal geerntet. Danach müssen sich die Bienenvölker auf den Winter vorbereiten. Maria entfernt vorsichtig eine gefüllte Wabenplatte nach der anderen – rund 12 Stück pro Bienenvolk. Anschließend geht es mit den Waben zur Abfüllstation, die sie auf dem Hof ihrer Eltern eingerichtet hat.
Die Honigproduktion
Im ersten Arbeitsschritt werden die Wachsdeckel vorsichtig entfernt, spricht: die Waben entdeckelt. Dann folgt das Sammeln des enthaltenen Honigs in einer Zentrifuge, der so genannten Honigschleuder. Früher drehten Imker die Schleuder von Hand, inzwischen übernimmt das ein Motor. Der frische Honig sammelt sich unten in der Schleuder und läuft von dort über einen Auslasshahn in das Gebinde. Durch vorheriges Sieben werden Wachspartikel entfernt, der Honig anschließend in Gläser abgefüllt. Mit einem Refraktometer misst Maria den Wassergehalt der frisch entnommenen Honigprobe. „15 Prozent“, sagt sie zufrieden. „Das ist spitze.“
Honig und mehr
Neben Honig erntet die Imkerin in geringem Umfang auch eiweißreichen Pollen, nährstoffreiches Gelée Royale, kostbares Propolis und duftendes Wachs – Bienenprodukte, die für Nahrungsergänzungsmittel, Arzneien oder Kosmetik genutzt werden. Maria verwendet diese sonst teuren Erzeugnisse vorwiegend für sich selbst oder im Familien- und Freundeskreis. „Nicht schlecht, bei solchen Kostbarkeiten direkt an der Quelle zu sitzen“, schmunzelt sie.