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Fischwirt Alfred: Ein Mann und seine Teiche

Im „Land der 1.000 Teiche“, in Bärnau im Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth, ist Fischzüchter und Fischwirtschaftsmeister Alfred Stier zu Hause. Dort führt der 56-Jährige in seinem Betrieb mittlerweile mehr als 300 Teiche – oder Produktionseinheiten, wie er sie nennt. „Meine Leidenschaft für Fisch ist so stark, dass ich sogar mit einer geborenen ‚Hecht‘ verheiratet bin“, schmunzelt der Fischzüchter im Hinblick auf seine Frau Martina, und fügt hinzu: „Wenn man Hecht und Stier kreuzt, kommen drei Mädels und ein kleiner Josef raus!“ Doch die eigene Familie und die Fischzucht sind nicht alles im Leben von Alfred Stier. Der engagierte Oberpfälzer ist auch Vizepräsident des Landesfischereiverbands Bayern e.V. (für den Bereich Berufsfischerei) sowie Bürgermeister seiner Geburtsstadt Bärnau.

Forelle, Karpfen & Co.

Die Begeisterung für die Fischzucht, die in frühester Kindheit mit den drei Teichen seines Vaters begann, ist bei Alfred Stier bis heute ungebrochen. Im Landkreis Tirschenreuth züchtet er in 10 Anlagen knapp 30 verschiedene Fischarten. „Regenbogenforellen, Bachforellen, Lachsforellen, Spiegelkarpfen, Schuppenkarpfen, Wildkarpfen und viele mehr“, zählt Alfred Stier auf: „Daneben züchten wir Beifische wie die Schlei, als Raubfisch den Hecht, den Zander, Weißfischarten wie die Rotaugen und die Rotfeder.“ Aber auch bedrohte Fischarten, wie zum Beispiel Nasen, Barben oder Äschen wachsen in den Teichanlagen des vierfachen Familienvaters heran. Mit dem Neubau einer Indoor-Anlage, in der auch Garnelen gezüchtet werden sollen, begibt sich der Fischwirtschaftsmeister auf Innovationskurs. Der Bärnauer ist dann der erste Fischzüchter in Bayern, der sowohl Indoor- als auch Outdooranlagen betreibt und der sowohl Süß- als auch Salzwasser-Fische züchtet.

“Du musst ein Allrounder sein!”

Bei der Frage, worauf die Qualität seiner Fische basiert, antwortet Alfred Stier: „Du musst ein Allrounder sein! Denn eine gute Fischzucht mit Tieren von guter Qualität hängt von vielen Faktoren ab. Neben einer fundierten Ausbildung und langjährigen Erfahrung sollte man sich in jedem Bereich auskennen: Haltung, Zucht, Futter, Absatz und ein möglichst kurzer Zeitraum für die Weiterverarbeitung sind nur einige der Kriterien für qualitativ hochwertigen Fisch.“
Qualitätssteigernd wirken auch die natürlichen witterungsbedingten Temperaturschwankungen bei einer Outdoor-Zucht. „Die Tiere sind dadurch einfach robuster“, erklärt Stier. Allerdings sind die Gefahren und der Verlust durch natürliche Feinde wie Fischreiher, Kormorane, Fischotter oder Biber in der freien Natur größer als in Indoor-Anlagen, zudem gibt es bislang kaum praktikable Maßnahmen für die Feind-Abwehr. Und Netze oder der vom Gesetzgeber erlaubte Abschuss bestimmter Vogelarten sind für Stier keine echten Alternativen. Trotzdem überwiegen die Vorteile der Outdoor-Anlagen: „Groß bekommen wir unsere Fische trotzdem“, so der Bärnauer, und fügt hinzu: „Ganz besonders stolz sind wir darauf, in unserem Vollbetrieb die Fische vom Ei bis zum essbaren Erzeugnis aufzuziehen“, erklärt Stier.

Nachtschichten sind keine Seltenheit

Auf dem langen Weg vom Ei zum Endprodukt fällt auf den rund 300 Produktions-Einheiten eine Menge Arbeit an. Mit seinen zehn festangestellten Mitarbeitern hegt und pflegt Alfred Stier die Tiere und hält die Anlagen – inklusive Dammpflege und weiteren Arbeiten – auf Vordermann. „Fischzüchter sind Frühaufsteher. Sie müssen früh morgens an den Teichen sein. Ebenso im Bruthaus, wo der Nachwuchs reproduziert wird“, erklärt Stier: „Wir beginnen dort die Arbeit mit dem Reinigen der Becken und dem Füttern der Fische.“
Zu den täglichen Aufgaben des Fischwirts gehören zudem die Gesundheitsprüfung der Fische, die Kontrolle der Wasserparameter sowie die Sortierung. Je nach Teichanlage erfolgt die Fütterung manuell oder halbautomatisch, in einigen Anlagen sogar vollautomatisch. „Die Forellen bekommen eiweißreiches Futter, unsere Karpfen bekommen Getreidefutter aus den nahegelegenen Bauernhöfen“, erzählt der 56-Jährige.
Auch das Umsetzen der Tiere ist ein wichtiger Bestandteil der Fischzucht. Je nach Wachstum, Alter und Anzahl werden die Fische regelmäßig in die verschiedenen Teiche verlegt. Um die Kapazitäten auf allen Anlagen auszunutzen, befinden sich sämtliche Teiche der „Stier Gruppe“ in einem stetigen Abwachs-Kreislaufsystem.
„Unsere Teiche werden je nach Fischart entweder mit Zugnetzen abgefischt oder man lässt das Wasser aus der tiefsten Stelle des Teiches, aus dem sogenannten Mönch, ab.“
„Geerntet“ werden die Karpfen um den 15. Oktober herum. Dann sind Stier und sein Team für etwa sechs bis acht Wochen nahezu Tag und Nacht im Einsatz, um die Karpfen-Teiche zu leeren. Für alle anderen Arten ist nicht nur Weihnachten die Hauptabsatzzeit. Wie auf den Absatz haben die Jahreszeiten auch auf das Wachstum der Fische großen Einfluss. Denn der Stoffwechsel und damit auch das Wachstum der Tiere sind temperaturabhängig. In der kalten Jahreszeit fahren die Tiere ihren Stoffwechsel zurück, bewegen sich weniger und wachsen langsamer.

Frisch, geräuchert oder tiefgekühlt?

Die Fische haben unterschiedliche Wachstumszyklen: „Forellenartige“ sind nach rund 15 bis 18 Monaten, „Karpfenartige“ nach drei Jahren ausgewachsen und bereit für die Weiterverarbeitung.
Auf dem Betrieb von Alfred Stier werden die Fische auf unterschiedliche Art weiterverarbeitet – vom Schlachten, Räuchern über das Filetieren bis zur Tiefkühlung.
„Vor dem Räuchern legen wir unsere Fische für zwölf Stunden in eine sogenannte Sur, eine Salzlake mit Gewürzmischung nach einem uralt überliefern Fischerrezept. Anschließend werden sie über Buchenholz geräuchert und gehen direkt in den Verkauf.“
„Unsere Abnehmer sind Einzelkunden in der Direktvermarktung sowie Endverbraucher. Aber wir beliefern auch Großkunden wie Gastronomen, die größere Mengen an Fischen veredeln sowie Fischereivereine in ganz Bayern mit Fisch-Nachwuchs, den sogenannten Besatzfischen, sowie seltene bedrohte Fischarten für Freigewässer“, erklärt Alfred Stier.

Viele Teiche, viel Arbeit

„Mein Beruf erfordert es, dass ich meine volle Arbeitskraft in den Dienst der Qualität meiner Produkte stelle – und das 365 Tage im Jahr. Davon profitiert vor allem der Verbraucher“, erklärt Alfred Stier mit einem Lächeln.
Und die Zukunft seines Betriebs ist auch schon gesichert. „Mein Sohn Josef (14 Jahre alt) wird die Fischzucht voraussichtlich eines Tages übernehmen“, sagt er stolz. Seine drei Töchter (Direktionsassistentin, Steuerfachangestellte und Lebensmitteltechnologin) sind nebenberuflich ebenfalls in und für die Stier Gruppe tätig.
Und weil man als Fischzüchter und Fischwirtschaftsmeister wohl auch privat Fisch mögen muss, offenbart er noch sein Lieblingsrezept: „Mein Favorit ist der Saibling. Ich mag ihn am liebsten filetiert, geräuchert, verfeinert mit etwas Lauchsalat und Sahnemeerrettich – da kann ich nicht widerstehen!“