Landwirtschaft und Energie:
Wie trägt der Energiepflanzenanbau zu mehr Nachhaltigkeit bei?

Wie sieht die nachhaltige Energieversorgung der Zukunft aus? Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft dazu leisten? Und können Landwirte und ihre Familien vom Energiepflanzenanbau leben?

 

Ein Gespräch mit Agrarwissenschaftlerin Dr. Maendy Fritz vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) in Straubing.

UBB: Frau Fritz, womit beschäftigt sich das Technologie- und Förderzentrum?
Dr. Fritz: Das TFZ ist eine Einrichtung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Es hat das Ziel, die Bereitstellung und Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Energieträgern voranzubringen. Wir betreiben angewandte wissenschaftliche Forschung, fördern die Umsetzung von entsprechenden Praxis-Projekten und treiben den Technologie- und Wissenstransfer voran.

UBB: Was erforschen Sie als Abteilungsleiterin für Rohstoffpflanzen und Stoffflüsse konkret?
Dr. Fritz: Wir richten den Blick auf Pflanzen, die jetzt bereits oder erst in Zukunft aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften besonders wichtig für den Energiepflanzenanbau werden könnten.

UBB: Was sind das für Eigenschaften?
Dr. Fritz: Dazu gehört zum Beispiel die Fähigkeit, mit veränderten oder extremen Klimabedingungen zurechtkommen, etwa mit Dürre oder auch viel Regen. Wir forschen aber auch mit neuen, zum Teil exotischen Pflanzen, die bisher auf ihre Umwelt- und Ertragsqualitäten noch nicht konsequent untersucht wurden. Und auch mit solchen, die einen besonderen Beitrag zum Artenschutz bzw. zum Boden- und Gewässerschutz leisten.

UBB: Können Sie ein Beispiel nennen?
Dr. Fritz: Wir experimentieren seit 2011 mit der Durchwachsenen Silphie, einer Dauerkultur mit etwa 15 Jahren Standdauer, deren Ursprung in Nordamerika liegt. Ihre tiefen Wurzeln schützen den Boden, fordern den Humusaufbau und speichern viel CO2, genau wie das üppige oberirdische Blattmaterial. Während der lang andauernden Blütezeit bietet die Silphie zahlreichen Insekten Nektar und Pollen und vielen Kleintieren einen Lebensraum. Erst Ende August/ Anfang September wird die Pflanze geerntet. Silphie-Silage eignet sich nicht besonders gut als Viehfutter, dafür liefert sie als Energiepflanze ordentliche Erträge – auch wenn diese sich nicht mit denen von Mais messen können. Dafür hat man nach dem Ansaatjahr viel weniger Arbeit mit Silphie als mit Mais: Man muss nur düngen und ernten.

UBB: A propos Maisanbau: Wie wird es damit weitergehen?
Dr. Fritz: Mais hat seine Berechtigung als großartige Futter- und Energiepflanze. Er wird, in Abhängigkeit von den Böden, regional sehr unterschiedlich intensiv angebaut. Es gibt Gegenden, da ist er sehr dominant, in anderen weniger. Die Maisblüte liefert übrigens auch Pollen für die Bienen, das ist ein wichtiges Einweißfutter für die Larvenaufzucht. Im Sinne der Biodiversität und der Risikoabsicherung forschen wir aber an möglichst breit gefächerten und nachhaltigen Fruchtfolgen und an sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten für Produkte und Energie. Wir wollen den Mais sinnvoll ergänzen, nicht ersetzen.

UBB: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie da?
Dr. Fritz: Die Herausforderung in der Praxis besteht immer darin, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Kein Landwirt wird dauerhaft Pflanzen anbauen, die für ihn nicht wirtschaftlich sind. Die Fragen, die wir uns stellen müssen, lauten zum Beispiel: Wie hoch und stabil sind die langfristigen Erträge? Welche Qualitätsanforderungen müssen die neuen Kulturen für eine effiziente Verwertung erfüllen? Wie können sie in nachhaltige Fruchtfolgen eingeordnet werden? Was ist bei der Umsetzung in die Praxis zu beachten? – Erst wenn wir alle diese Fragen zufriedenstellend beantworten können, können wir auch Empfehlungen aussprechen.

UBB: Und werden Ihre Empfehlungen dann auch umgesetzt?
Dr. Fritz: Die Landwirte sind selbst wahnsinnig innovativ. Unsere Forschung ist keine Einbahnstraße, sondern wir befinden uns immer im Austausch mit den Praktikern. Viele Bauern probieren und experimentieren selbst sehr erfolgreich und kommen dabei auf ganz eigene Erfahrungen und Anregungen, die sie mit uns teilen. Wir können wiederum auf unseren Forschungsflächen Anbaumethoden, Pflanzenschutz und Düngung optimieren und die Landwirte dazu beraten. Daher freuen wir uns immer, wenn Landwirte Kontakt zu uns aufnehmen, Fragen stellen, Probleme schildern oder von ihren Ansätzen berichten. Dann können wir genau das mit unserer Forschung bearbeiten, wozu Beratungshinweise notwendig sind.

UBB: Welche Pflanzen sind aus Ihrer Sicht noch zukunftsfähig?
Dr. Fritz: Wir beschäftigen uns viel mit Leguminosen, also Hülsenfrüchten im Mischanbau mit Getreide. Wicken zum Beispiel sind mit ihren Röhrenblüten ideal für Hummeln, auch Honigbienen können sie nutzen. Und sie bieten durch die Kombination mit ertragsstabilem Getreide gute Ganzpflanzen-Erträge als Biogassubstrat. Aber auch das trockentolerante und gegen den Maiswurzelbohrer unempfindliche Sorghum wird noch wichtiger werden. Hinzu kommen aufwandsarme Masselieferanten wie Miscanthus (Chinaschilf).

UBB: Das Ganz ist also komplex.
Dr. Fritz: Ja, wir können nicht hingehen und sagen: Baut diese oder jene Pflanze an, das ist die Lösung. Wir setzten da eher auf eine größere Vielfalt unterschiedlicher Pflanzen und deren Nutzung. Wir untersuchen zum Beispiel auch Hanf, Faserhanf und Körnerhanf, im Hinblick auf die Verwendung unterschiedlicher Pflanzenteile, z.B. der Fasern und der holzigen Stängelanteile, für unterschiedliche Zwecke, beispielsweise für Dämmmaterialien, Baustoffe wie Ziegel, Einstreu oder auch Textilien. Auch die Körner, Hanfblätter und Hanfblüten lassen sich nutzen. Die Energieerzeugung in der Biogasanlage ist beim Hanf wegen des hohen Faseranteils unmöglich.

UBB: Gibt es denn so eine Art Zwischenbilanz?
Dr. Fritz: Wir haben schon viele Daten und Erkenntnisse gewonnen, um für viele Kulturen sehr konkrete Anbauhinweise zu geben. Aber es bleibt auch noch genug zu tun. Unser Ziel ist es weiterhin, den nachhaltigen Anbau der Rohstoff- und Energiekulturen in vielfältigen Fruchtfolgen voranzutreiben und dabei eine weitgehende Schließung von Stoffkreisläufen zu erreichen. Durch eine umfassende Anbauberatung erreichen wir, dass unsere Erkenntnisse schnellstmöglich in der Praxis umgesetzt werden.

UBB: Vielen Dank für das Gespräch.

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